Ein
Klavierduo von Weltklasse verzauberte mit seinem Können das Publikum
des“Podium für junge Solisten“. Im Barocksaal des ehemaligen
Tegernseer Schlosses präsentierten Tereza Kalabova und Johannes Gugg
ein Kaleidoskop der vierhändigen Klavierliteratur hohen Niveaus. Die
beiden seit 2012 gemeinsam spielenden und auftretenden PianistInnen
haben ihre musikalische Entwicklung großteils zusammen beschritten
und erfolgreich aufgebaut, an zahlreichen Wettbewerben teilgenommen,
unter vielen anderen schon 2014 den 2.
Preis beim 14. internationalen Klavierwettbewerb in Rom errungen und
einen 3. Preis beim Franz Schubert Wettbewerb in Jesenik (2.
Alterskategorie, 2019). Beim ARD-Musikwettbewerb 2021 in München
wurde ihnen nach Erreichen des Semifinales vom „Freundeskreis für
die Förderung junger Musiker“ e.V. in Absprache mit dem
Bayerischen Rundfunk der Sonderpreis "Podium für junge
Solisten" verliehen.
Vierhändiges
Klavierspiel wurde im 19.Jahrhundert ungemein beliebt, eine
Entwicklung die Ende des 18. noch nicht abzusehen war, und dem sich
Beethoven nur in seiner Jugend widmete. Die „Acht
Variationen über ein Thema des Grafen von Waldstein“ WoO 67
schrieb Beethoven 1792, und zwar er selbst. Das Thema stammt aus
einem seinem großen Mäzen und Förderer auch fälschlicherweise
zugeschriebenen Werk, eine öffentliche Richtigstellung unterließ
der wahre Komponist aus Höflichkeit und Freundschaft. Kalabova und
Gugg holten aus diesem frühen Werk die frohe Verspieltheit und die
positive, offene Ausstrahlung des jungen Beethoven mit runder
Tongebung und klarer Diktion, dem Ausdruck stilgerecht folgend,
sowohl der verzierten 1. wie der temperamentvolleren Variationen
2,4,und 6., sowie der sachten 3,5,und 7. In der letzten ausgedehnte
Variation 8 gaben sie sich der Fantasie und dem Einfallsreichtum des
Komponisten einfühlsam und brillant hin.
Als
Schubert sich ab ca. 1820 im Kreis kulturell interessierter Bürger
Wiens etabliert hatte, bezeichnete man allmählich die Hauskonzerte
und literarisch-musikalischen Salons mit Lesungen,
Gesellschaftsspielen unter einem Motto, Musik in vielen Facetten als
„Schubertiaden“. Dabei fehlte nie das Klavierspiel “à quatre
mains“. Diese Gattung bereicherte Schubert sowohl quantitativ, mit
über 30 Opuszahlen, als auch qualitativ mehr als jeder andere
Komponist. Kalabova und Gugg widmeten sich dem monumentalen
Sonatensatz Allegro A-moll „Lebensstürme“ in perfektem
Zusammenspiel, in musikalisch-seelischer Übereinstimmung mit dem
anfänglich erforderlichem Grimm und der folgenden Glückseligkeit,
in die Nuancen und Kontraste Schuberts ergreifender Musik
eintauchend.
1898
widmete Max Reger u.a. die „Cinq piéces pittoresques“op.34
seinem Wiesbadener Freund Caesar Hochstetter, Organist , Komponist
und Musikkritiker, als Dank für dessen Artikel „Noch einmal Reger“
.
Das
Pianistenpaar Kalabova und Gugg meisterte die hohen spieltechnischen
Anforderungen - die vor allem dem Promo Part abverlangt werden - mit
Bravour, und spielte diese eigenwillige spätromantische Musik mit
Frische und Vitalität.
Smetana
beendete sein weltberühmtes Werk„Die Moldau“in nur 19 Tagen am
8.Dezember 1874 nach einem inspirierenden Naturerlebnis in den
Wäldern von Hirschenstein. Doch erst 6 Jahre später, nach
Abschluss des gesamten Orchester-Zyklus „Mein Vaterland“ ,
erschienen sowohl die Partitur wie auch die vierhändige
Klavierfassung in Druck. Kalabova und Gugg transportierten Smetanas
Begeisterung und Ergriffenheit, die Harmonie des von den Quellen zu
einem ganzen Lebensraum sich ausweitenden Wassers. Ihr geschmeidiges
Spiel aus einem Guss lies die Bilder der böhmischen Landschaft, die
tosende Moldau bei Stromschnellen, die Breite der Unteren Moldau,
ihren Lauf durch die Stadt an der Prager Hochburg vorbei und ihre
Mündung in die Elbe erklingen.
Stravinskys
Ballett „Petruschka“ war 1911 ursprünglich als Konzert für
Orchester und Klavier entworfen, dann aber zu Ballettmusik
umgeschrieben worden, und schließlich entstand auch eine Fassung für
vierhändiges Klavierspiel. Der Komponist erzählt die
Dreiecks-Geschichte der von magischer Flötenmelodie beim
Frühlingsfest ( Butterwoche in St. Petersburg) zum Leben erweckten
Spielpuppen, der Mitleidsheld-Petruschka, die reizend-dumme Ballerina
und der gewalttätige Dandy-Mohr. Mit überwältigendem Elan und Witz
erfassten Kalabova und Gugg das instrumentelle und auch das
strukturelle Wesen des Werkes. Grandioser, langer Applaus und
Bravorufe forderten den beiden glücklichen Künstlern noch Zugaben
ab. Sie stellten dem Publikum Mazurka und Kolomika des polnischen
Komponisten und Pianisten Juliusz Zarebski (1854-1885) aus dessen
op.23 „Voyage a travers la Pologne“ vor, zwei traumhafte Stücke,
vollendet gespielt.
Marcus
Vitolo